16.05.2019 Die alte Neckarbrücke wird ausgeschifft

Neckarsulm/Heilbronn. Mehr als zweieinhalb Jahre Planung liegen hinter dem Brückenabbruch. Jetzt muss es sich zeigen, ob auch alles so funktioniert: Die alte Neckarbrücke, die den Neckar und den Neckarkanal auf einer Länge von rund 230 Meter bei Neckarsulm seit 1968 überspannt, wird im Zuge des A6-Ausbaus durch die Bauarbeitsgemeinschaft (BauArge) Hochtief und Johann Bunte abgebrochen. 

Hierzu hat sich das Baukonsortium mit dem mittelständischen Unternehmen Max Wild (Berkheim) eine Spezialfirma mit ins Boot geholt, damit der immense technische und logistische Aufwand auch klappt: Ab Freitag, 17. Mai, werden die zuvor herausgetrennten Fahrbahnen der alten Neckarbrücke der Autobahn A6  „geleichtert“. Das heißt, sie werden an diesem (17./18. Mai) und dem nächsten Wochenende (24./25. Mai) in einem Spezialverfahren demontiert und mit extra aus Holland angemieteten Pontons auf dem Neckar abtransportiert.

Und die vier Brückenteile haben es in sich: Allein schon die Länge mit 120 Meter, einer Breite von 16 Metern und einer Höhe von 4,50 Meter sind sie laut Bauleiter Stefan Scholz von der Firma Wild eine Herausforderung. „Hinzu kommt das riesige Gewicht von bis zu 700 Tonnen je Teil “, erklärt der Abbruchspezialist.

Auch gibt es bei dem Ablassen auf die schwimmenden Pontons eine technische Besonderheit: Die Brückenteile werden nicht etwa per Kran abgelassen, sondern über so genannte Litzentechnik. Das sind hydraulische Apparate, die bis zu 31 Stahlseile ganz fest packen und daran die tonnenschwere Last Zentimeter genau auf die schwimmenden Kähne auf den Neckar ablassen. Acht Litzenheber sind dafür erforderlich, die halten die jetzt ausgediente Neckarbrücke an 248 Stahlseilen. Ein Kran würde bei diesem Gewicht schon an die Belastungsgrenze kommen. Außerdem gibt es keinen geeigneten Platz, um einen Kran zwischen Neckar und Wehrkanal aufzustellen.  

Bis zu drei Stunden dauert das Ablassen um rund 14 Meter, wobei hier absolute Maßarbeit erforderlich ist. Rechts und links von den 120 Meter langen Brückenteilen gibt es nur einen kleinen Spalt von rund zehn Zentimetern, das kommt vom Heraustrennen. Das birgt auch die Gefahr, dass das massive Stahlteil seitlich schwingt und verkantet.

Und die spektakuläre Aktion könnte laut Bauleiter Scholz noch ins Wanken geraten, sollten die Rahmenbedingungen an den vier Terminen nicht stimmen. Die Brückenteile müssen genau auf den Ponton platziert werden. Bei Wind oder heftigem Wellengang auf dem Neckar muss alles abgeblasen werden - aus Sicherheitsgründen.

Vor und hinter den Kulissen der Ablassaktion sind rund 30 Spezialisten tätig, damit alles wie geplant und natürlich wie am Schnürchen klappt.

Denn nach dem Absenken der alten Neckarbrücke ist es bei einem der größten Brückenabbrüche in Deutschland noch nicht geschafft. Nach dem Ausschiffen kommen die überdimensionalen Stahlteile zum Containerhafen in Heilbronn. Hier werden sie auf Gießereimaß mit Schneidbrennern gekürzt – das sind zwischen sechs und zwölf Meter. Dann wird die Neckarbrücke im Hochofen eingeschmolzen.  

Nach dem 25. Mai - dann soll die alte Neckarbrücke Geschichte sein - beginnen die Arbeiten für den konventionellen Abbruch der Vorlandbrücke.  Dabei sind dann Baggerscheren und -meißel im Großeinsatz, um die mehr als 128.000 Kubikmeter Brücke zu pulverisieren.